Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

6. Landwirtschaft

93.039 Milchwirtschaftsbeschluss 1988. Änderung
Arrêté sur l'économie laitière 1988. Modification

Botschaft: 21.04.1993 (BBl II, 602 / FF II, 588)

Ausgangslage

Im ersten Teil der Botschaft werden mehrere Änderungen des Milchwirtschaftsbeschlusses 1988 vorgeschlagen, wobei der Hauptgrund für die Revision darin besteht, die Übertragung von Milchkontingenten durch Verkauf und Vermietung zu ermöglichen, einen besseren Ausgleich der saisonalen Schwankungen der Milcheinlieferungen zu garantieren und die Kompetenz zu schaffen, den Milchgehalt bei der Milchkontingentierung zu berücksichtigen. Es gilt sodann, durch die Erhebung einer Abgabe je Kilo Verkehrsmilch in den milchstarken Monaten und die Ausrichtung einer Zulage in den milchschwachen Monaten die Produzenten längerfristig zu einer ausgeglicheneren Versorgung des Marktes anzuhalten. Nötigenfalls soll zudem der Bundesrat befugt sein, die Gesamtmilchmenge oder die Einzelkontingente der Entwicklung der Gehaltswerte anzupassen oder sogar eine eigentliche Gehaltskontingentierung einzuführen. Ferner wird beantragt, den Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten und die Milchverbände für gewisse öffentlich-rechtliche Leistungen administrativer Art, wie z.B. die Durchführung der Milchkontingentierung und das Inspektoratswesen, angemessen entschädigen zu können.

Im zweiten Teil der Botschaft werden verschiedene Anpassungen des Milchbeschlusses vorgeschlagen: Vorerst muss die gesetzliche Grundlage für die Qualitätsbezahlung und die Qualitätsförderung in den Artikeln 2 und 3 den heutigen Erfordernissen angepasst werden. Sodann geht es darum, der Entwicklung im Bereich der Milchablieferung (Hofabfuhr) Rechnung zu tragen und den direkten Verkauf von Milch und Milchprodukten (insbesondere aus biologischem Landbau) ab Hof besser zu ermöglichen. Schliesslich ist es notwendig, den Abzug für die Benützung der Sammelstelle durch nicht organisierte Milchproduzenten zu erhöhen.

Verhandlungen

A. Milchwirtschaftsbeschluss 1988

NR 29.09.1993 AB 1993, 1636, 1657
SR 07.12.1993 AB 1993, 913
NR 28.02.1994 AB 1994, 3
SR 14.03.1994 AB 1994, 216
NR / SR 18.03.1994 Schlussabstimmungen (111:46 / 39:0)

B. Milchbeschluss

NR 29.09.1993 AB 1993, 1636, 1657
SR 07.12.1993 AB 1993, 913
NR 28.02.1994 AB 1994, 3
SR 14.03.1994 AB 1994, 216
NR / SR 18.03.1994 Schlussabstimmungen (122:33 / 41:0)

Die grosse Mehrheit des Nationalrats stimmte der Bundesratsvorlage in ihren allgemeinen Zügen zu. So wurde ein Rückweisungsantrag einer Kommissionsminderheit verworfen; darin war vom Bundesrat verlangt worden, eine Vorlage mit weniger Detailregelungen zu präsentieren und dabei die Interessen der Bauern in Berg- und Hügelzonen zu berücksichtigen, der ökologischen Milchproduktion zum Durchbruch zu verhelfen und die Verwertungskartelle zu liberalisieren.

In der Detailberatung führte der Nationalrat auf Empfehlung seiner Kommission einen neuen Absatz ein, wonach der Bundesrat nach einer Übergangszeit von fünf Jahren die Übertragung von Milchkontingenten für Betriebe vorbehalten kann, die nach der Methode der integrierten Produktion oder des Biolandbaus wirtschaften. In zwei Fällen folgte er der Kommissionsminderheit: Die Übertragung von Kontingenten sollte nicht durch den Bundesrat festgelegt werden, sondern direkt unter den Produzenten stattfinden. Ebenfalls angenommen wurde die Bestimmung, wonach die Interessen der Käseproduzenten im Kontingentshandel besser berücksichtigt werden sollten. Der Bundesrat sollte wie beim Verkauf auch bei der Vermietung die Kontingentsübertragung ohne Entschädigungen einschränken können. Schliesslich stimmte der Rat der Einführung einer neuen Abgabe oder Überschussregelung zur Eindämmung der saisonalen Schwankungen der Milcheinlieferungen zu.

In der Gesamtabstimmung wurde sowohl der Milchwirtschaftsbeschluss als auch der Milchbeschluss einhellig angenommen (mit 68 bzw. 80 Stimmen). Der Nationalrat beschloss, dem Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten die Kompetenzen zu übertragen, die bis anhin vom Bundesamt für Landwirtschaft ausgeübt worden waren. Der Zentralverband wird somit u.a. dazu ermächtigt, den Direktverkauf von Milch und Milchprodukten ab Hof zuzulassen.

In der Wintersession 1993 schuf der Ständerat einige Differenzen zu den Beschlüssen des Nationalrates. So sollte, um Missbräuchen vorzubeugen, der Handel mit Milchkontingenten einem zentralen Organ übertragen werden und nicht wie vom Bundesrat vorgeschlagen direkt unter den Produzenten stattfinden. Ausserdem führte der Ständerat zur Vorbeugung gegen Spekulationen mit Milchkontingenten eine neue Bestimmung ein, wonach der Bundesrat Fristen für den Wiederverkauf von Kontingenten vorsehen kann. Gestrichen wurde der Artikel, wonach nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren die Möglichkeit, Kontingente zu kaufen oder zu mieten, nur noch Bauern vorbehalten gewesen wäre, die nach der Methode integrierten Produktion oder des Biolandbaus wirtschaften.

Bei der Beratung des Milchbeschlusses sprach sich der Ständerat entgegen der Kommissionsmehrheit gegen eine grössere Liberalisierung aus. Auch strich er unter Berufung auf das freie Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte die Bestimmung über die obligatorische Verteilung von Aushilfsmilch unter den Milchverbänden.

In der Frühjahrssession 1994 kam der Ständerat auf diesen Beschluss zurück und stimmte schliesslich dem Artikel zu, die den Milchverbänden verbieten, anderen Verbänden Milchlieferungen zu verweigern. Auch schloss er sich in bezug auf die Übertragung von Milchkontingenten dem Nationalrat an.

Der Nationalrat folgte schliesslich mit 108 zu 64 Stimmen der Version des Ständerates. Er verwarf u.a. einen Antrag, wonach der Bundesrat bei der Regelung von Kontingenten auch einzelbetriebliche Kriterien hätte berücksichtigen müssen.

Für die Schweizerische Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern (VKMB), die Vereinigung schweizerischer biologischer Landbau-Organisationen (VSBLO) und die Konsumenten-Arbeitsgruppe für tier- und umweltfreundliche Nutztierhaltung (KAG) war es unverständlich, dass das Parlament den Handel mit Milchkontingenten nicht an ökologische Auflagen geknüpft hatte und reichte deshalb gegen den Milchwirtschaftsbeschluss bei der Bundeskanzlei ein Referendum ein (61'591 gültige Unterschriften).

In der Volksabstimmung vom 12. März 1995 wurde dieser Beschluss mit einem Nein-Stimmen-Anteil von über 65% verworfen (vgl. Anhang G).

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

Hauptinhaltverzeichnis
Inhaltverzeichnis des aktuellen Kapitels Index Inhaltverzeichnis des folgenen Kapitels
Rückkehr zum SeitenbeginnRückkehr zum Seitenbeginn

HomeHome